Kapitel Eins – Feuer der Hoffnung

Die Nacht war erstaunlich kühl, was für die sommerliche Jahreszeit eher ungewöhnlich war. Der Himmel war bedeckt von schweren Wolken, weshalb die drei Gestalten sich im Schutze der Dunkelheit bewegen konnten.

Noch immer rang Noel mit seinen Ängsten, da er nicht sicher sein konnte, ob er die richtige Entscheidung traf. Die sorgenvolle Stimme seines Begleiters war deshalb wenig tröstend, als dieser fragte: „Hältst du das wirklich für eine gute Idee?"

Voller Sorge blickte Noel auf den bewegungslosen Körper herab, den er in den Armen trug. Nur die schmerzerfüllten, suchenden Augen zeigten ihm, dass sein Geliebter noch bei ihm war. Es waren diese wunderschönen blauen Augen, die trotz der schweren Erkrankung noch so viel Stolz ausstrahlten, sodass Noel sich sicher war, den richtigen Weg zu gehen.

Überzeugt antwortete er deshalb: „Selbst wenn es sich als Fehler herausstellen sollte, einen Versuch ist es in jedem Falle wert. Ich werde ihn nicht einfach so aufgeben. Nicht ohne alles erdenklich Mögliche versucht zu haben."

Verstehend nickte ihm sein Begleiter zu und ging davon, um sich etwas weiter im Schutze der Schatten bereitzuhalten, falls es Schwierigkeiten geben sollte.

Bevor er jedoch außer Hörweite verschwinden konnte, fügte Noel noch hinzu: „Djoser! Falls es nicht wie gewünscht verläuft, und ich es doch tun muss, möchte ich mit ihm allein sein."

„Ja mein Sirus", erwiderte Djoser respektvoll und verschwand damit im Schatten.

Einen Moment zögerte er noch, bevor er endlich auf die Tür zuging, hinter der sich seine letzte Hoffnung verbarg. Wenn dieser Mann nicht in der Lage sein würde, seinem Gefährten zu helfen, würde er ihn von seinem Leiden befreien. Das war er ihm schuldig, doch dies hieß nicht, dass es ein leichter Weg für ihn war.

Es war der schwerste Weg, den Noel jemals gegangen war.

 

~*~**~*~

 

Als zu später nächtlicher Stunde jemand an seine Tür klopfte, ahnte Dr. Edmond Lemon noch nicht, welche Tragweite das Öffnen dieser Türe für ihn haben würde.

Trotz seines jungen Alters, war er bereits im Besitz einer kleinen Arztpraxis. Sie war das Erbe seines Vaters, der während seines Medizinstudiums einem überraschend frühen Tod zum Opfer gefallen war. Die Praxis war nun sein einziger Lebensinhalt, um den Wunsch seines Vaters gerecht zu werden.

Als Edmond nun zwei befremdliche Männer vor dieser Praxis erblickte, vermutete er einen dringenden Notfall, da einer der Männer von dem anderen getragen wurde. Die Art, wie dieser den scheinbar Kranken trug, wirkte auf den Doktor wie ein Vater, der sein Kind in Händen hielt, und es schien ihm keine sonderliche Mühe zu machen einen ausgewachsenen Mann zu halten. Hätte der gutmütige Doktor genauer auf dieses sonderbare Detail geachtet, hätte er vielleicht sofort gemerkt, in welcher Gefahr er sich befand.

„Was fehlt dem Mann?", fragte der Doktor sofort hilfsbereit und machte den beiden Männern Platz zum Eintreten.

„Er ist schwerkrank. Ich bitte Sie, ihn zu untersuchen. Vielleicht können Sie ihm helfen. Dürfen wir eintreten?", fragte der Träger freundlich und mit einer tiefen seidigen Stimme, die Edmond durch und durch ging. Eine so tiefe Traurigkeit wohnte in diesem Unbekannten, als ob er kaum noch Hoffnung in sich trug.

„Natürlich, treten Sie ein. Bringen wir ihn in das Untersuchungszimmer", erwiderte der Doktor etwas überrascht von dem ruhigen Verhalten des Mannes. Allen Menschen, denen er bislang im Zusammenhang mit einem Notfall begegnet war, waren stets aufgeregt und in Sorge um ihre Freunde oder Angehörigen.

Tatsächlich war Noel in großer Sorge um seinen Gefährten. Schließlich bedeutete dieser ihm sehr viel. Doch es war nicht allein die Sorge, die ihn hierher zu diesem Arzt trieb, sondern Verzweiflung. Bereitwillig trat er deshalb ein und folgte dem Arzt in das Untersuchungszimmer, wo er seinen Geliebten vorsichtig auf eine Liege ablegte.

Als der Arzt sich seinen Patienten genauer ansah, stellte er fest, dass dieser zwar bei Bewusstsein, jedoch unfähig war sich zu bewegen, oder sich mitzuteilen. Nur die schmerzerfüllten offenen Augen zeugten von einem schrecklichen Leid.

Bei der Untersuchung bemerkte er auch die Makellosigkeit des Mannes, was ihm ebenfalls ungewöhnlich vorkam, wenn man bedachte wie krank er zu sein schien. Selbst die flehenden Augen strahlten in solch edlem Glanz und schimmerten in einem tiefen Blau, wie Edmond es noch nie zuvor bei einem Menschen gesehen hatte. Schulterlanges, honigbraunes Haar lag in großen Locken auf der Liege und verlieh ihm ein engelhaftes Aussehen. Wäre er selbst kein Mann gewesen, hätte Edmond offen zugegeben, dass er diesen Mann bildhübsch fand.

„Wie lange ist er bereits in diesem Zustand?", wollte Edmond von dem fremdartigen Mann wissen, wobei er fragend aufblickte und dabei erst feststellte, dass auch dieser von einer seltsamen Schönheit umgeben war. Zwar hatte dieser dunkle, kurze Haare, doch auch sein Äußeres wirkte rein und makellos. Seine fast schwarzen Augen blickten ihm mit solcher Schärfe entgegen, dass Edmond das Gefühl bekam, dass dieser ihm bis ins Innere seiner Seele blicken konnte.

„Sehr lange", erwiderte dieser schlicht.

„Hören Sie. Wenn Sie wollen, dass ich Ihrem Freund helfen kann, dann müssen Sie mir schon genauere Informationen geben. Hat er irgendwelche Drogen konsumiert?", drängte Edmond, dem das Ganze hier langsam ein wenig suspekt wurde.

Noel seufzte auf, da sich noch immer nicht gänzlich sicher war, ob er den richtigen Weg ging. Sich an einen Arzt zu wenden, war ein hohes Risiko für ihn. Schließlich antwortete er: „Er ist nicht mein Freund. Er ist mein Loraib. Er leidet schon seit fast zwanzig Jahren an dieser seltsamen Krankheit und keiner unserer Leute konnte ihm bislang helfen. Mein Sirus sagt, ich soll ihn aufgeben und in Frieden ziehen lassen, doch das kann ich nicht. Sie sind meine letzte Hoffnung. Ich bin gewillt Ihnen alles genau zu erklären, doch zuvor brauche ich Ihre sichere Zusage, dass Sie alles, was Sie von mir erfahren, für sich behalten. Sie dürfen nie jemandem davon erzählen, sonst muss ich Sie töten."

Erschrocken wich der Doktor einen Schritt zurück und meinte empört: „Was soll das, wer sind Sie? Was fällt Ihnen ein, mich zu bedrohen?"

„Bitte beruhigen Sie sich, Edmond. Es wird Ihnen nichts geschehen, solange Sie mir nur versprechen, alles, was Sie von uns sehen und erfahren, für sich zu behalten. Mehr verlange ich nicht. Ich verspreche Ihnen, dass Sie es nicht bereuen werden", betonte der Mann mit ruhiger Stimme und löste ein seltsames Vertrauen bei Edmond aus.

„Wer sind Sie?", wiederholte er erneut und wunderte sich selbst über seine Gelassenheit.

„Mein Name ist Noel. Ich bin Centra von Altair, dem obersten Sirus der Altair. Das hier ist Joshua. Wir sind Vampire", erklärte der fremde Mann mit sichtbarem Stolz.

„Ich verstehe kein Wort. Soll das etwa ein schlechter Scherz sein?" fragte Edmond sichtlich verwirrt über all die fremdartigen Begriffe, die Noel ihm nannte.

„Leider nein", erwiderte Noel schlicht, wobei er traurig auf Joshua herabblickte und ihm liebevoll über die Stirn strich. Die beiden fremdartigen Männer, die behaupteten Vampire zu sein, blickten einander tief in die Augen und Edmond konnte deutlich sehen, dass diese emotional sehr tief miteinander verbunden waren. Noels Schmerz und Trauer waren so real, dass Edmond nicht an einen Scherz glauben konnte. Doch die Wahrheit war zu surreal, um sie zu begreifen.

„Ist das wahr? Sind sie wirklich Vampire?", wollte der Arzt die Wahrheit wissen.

„Es gäbe viele Möglichkeiten, Ihnen das zu beweisen, doch ich schlage Ihnen die im Moment einfachste vor. Nehmen Sie etwas von meinem und Joshuas Blut, und ich bin sicher, Sie werden anhand Ihres fachlichen Verstandes erkennen, dass wir keine Menschen sind. Und bei dieser Gelegenheit können Sie gleich mit den Untersuchungen beginnen."

Edmond konnte darin keine Gefahr erkennen, weshalb er entschied, vorläufig auf die Sache einzugehen. Er vermutete schlicht, dass dieser Mann verwirrt sei und sich nur einbildete, ein Vampir zu sein. Um zu zeigen, dass er willig war, den Beiden zu helfen, bereitete er sich zwei Spritzen vor und entnahm etwas Blut von Noels dargereichtem Arm, während er sich insgeheim überlegte, wie er sich weiter gegenüber einem so offensichtlich verrückten Mann verhalten sollte. Am besten erschien es ihm, die Ruhe zu bewahren.

Während Edmond schließlich auch von Joshua Blut abnahm und sich dann beide Blutproben unter dem Mikroskop ansah, wich Noel keinen Zentimeter von Joshuas Seite und streichelte ihm beruhigend über die Stirn. Durch seine scharfen Sinne und an den Augen seines Loraibs konnte er dessen Unruhe erkennen. Sie beide waren sich der endgültigen Konsequenz bewusst, die sich aus dem Ergebnis dieser Mission ergeben konnte.

Anfangs dachte Edmond, er hätte einen Fehler bei der Blutabnahme gemacht, oder das Mikroskop wäre falsch eingestellt, sodass er alles noch mal genau überprüfte, doch dann musste er fasziniert feststellen, dass Noels Blut in der Tat ungewöhnlich war.

Zusätzlich zu den normalen Bestandteilen, die jeder Mensch in seinem Blut in sich trägt, war bei Noels Blutprobe noch etwas anders. Dieser fremdartige Bestandteil schien eine verstärkte Fähigkeit der Regeneration zu bewirken. Als ob das Blut sich selbst regenerieren würde. Edmond war vollkommen fasziniert und starrte gebannt durch das Mikroskop.

Sofort untersuchte er auch Joshuas Blutprobe genauer und stellte dabei fest, dass dieser weitaus weniger dieser selbst regenerierenden Bestandteile in sich trug. In Joshuas Blut befanden sich noch mehr seltsame Bestandteile, die scheinbar diejenigen verlangsamten und zum Teil sogar vernichteten, die für die Regeneration verantwortlich waren. Und zusätzlich schienen sie auch die normalen Blutkörperchen mit anzugreifen. Gewiss war dies die Ursache für Joshuas Schwäche.

Es schien, als ob Noel ihm die Wahrheit über ihre Existenz gesagt hatte. Doch dann wären die Beiden tatsächlich Blut saugende Vampire, wobei gerade ein paar ziemlich unschöne Horrorstreifen vor seinem inneren Auge abliefen. Etwas verunsichert richtete er sich von seinem Mikroskop auf und überlegte fieberhaft, wie er sich davonstehlen könnte.

Noel bemerkte die Veränderung in Edmond sofort. Abschätzend musterte er den Arzt und fragte in freundlichem Ton: „Haben Sie etwas entdecken können?"

„Äh… ja… Ihr Blut ist in der Tat sehr… ungewöhnlich", meinte Edmond unsicher.

„Glauben Sie mir jetzt, dass wir Vampire sind?", fragte Noel und hoffte sehr, dass Edmond nicht die Nerven verlieren würde. Es hatte ihn eine große Überwindung gekostet, sich Hilfe suchend an einen Menschen zu wenden.

„Was haben Sie mit mir vor? Wollen Sie mir das Blut aus den Adern saugen? Werden Sie mich etwa töten, wenn ich Ihrem Lora-Dings, oder was auch immer, nicht helfen kann?", stammelte Edmond, da er nun um sein Leben fürchtete.

Noel sah ein, dass es doch ein Fehler war, den Doktor um Rat zu fragen. Er sah damit seine letzte Hoffnung entschwinden. Um den Schaden in Grenzen zu halten, trat er an Edmonds Untersuchungstisch, worauf Edmond erschrocken zurückwich und sich flüchtend in eine Ecke drängte. Noel schüttelte nur traurig den Kopf, während er alle Blutproben an sich nahm. Auch die, die sich bereits im Mikroskop befanden, um gewiss keine Spuren zu hinterlassen. Niemand würde dem Arzt nun glauben, falls er davon erzählen würde.

Vorsichtig hob er seinen Loraib wieder von der Liege und verließ das Untersuchungszimmer. Er fasste den Entschluss, Joshua von seinem qualvollen Leiden zu erlösen und wollte dazu einen stillen Ort aufsuchen, wo er ein letztes Mal mit ihm allein sein konnte.

Edmond blickte Noel verwundert nach. Dieser wirkte nicht gewalttätig und blutrünstig auf ihn, sondern mehr wie ein Mann, der in großer Trauer um einen geliebten Gefährten war. Die behutsame und zärtliche Art, in der Noel mit Joshua umging, verwirrte Edmond sehr und passte so gar nicht in das Bild eines Blut saugenden Vampirs. Er glaubte sogar Tränen in den Augen des Mannes gesehen zu haben.

Gerade als Noel durch die Türe nach draußen in die Dunkelheit schritt, erinnerte sich Edmond an Joshuas Blutprobe und an den Unterschied zu Noels Blut. Vielleicht konnte er ihm tatsächlich helfen? Rasch lief er den beiden Vampiren nach und rief ihnen zu: „Warten Sie! Ich kann ihm vielleicht helfen."

Noel drehte sich zu dem Arzt um, der ein paar Schritte von ihm entfernt in der noch offenen Türe stand. Er zögerte, da sein Entschluss schon festgestanden hatte, doch als er einen Blick auf Joshuas Gesicht warf und dort in dessen Augen einen kleinen Hoffnungsschimmer erkannte, kehrte er zu Edmond zurück und fragte: „Sie glauben wirklich, Sie können ihm helfen?"

Edmond fragte sich kurz, ob er verrückt geworden sei, zwei Vampiren Hilfe anzubieten, doch sein gutes Herz und sein Eid, Kranken zu helfen, gaben ihm die Sicherheit, dass er das Richtige tat. Deshalb antwortete er: „Ich kann Ihnen keine Garantie geben. Doch mir sind einige Unterschiede zu Ihrem Blut und dem Ihres Freundes aufgefallen. Vielleicht besteht die Möglichkeit, dass ich weitere Blutproben von anderen Vampiren erhalten könnte, dann könnte ich genauere Vergleiche durchführen. Oder sind Sie vielleicht mit ihm verwandt? Dann könnten wir Ihr Blut verwenden, um eine Bluttransfusion durchzuführen."

Noel überlegte lange, ob er die Hilfe dieses Mannes annehmen sollte. Sein Sirus hatte ihn immer davor gewarnt sich mit Menschen einzulassen, weshalb er sehr lange gezögert hatte, sich an einen menschlichen Arzt zu wenden.

Im Grunde hatte er nichts zu verlieren. Er würde den Arzt nur gut im Auge behalten müssen, weshalb er schließlich fragte: „Schwören Sie mir, dass Sie niemandem von uns erzählen werden?"

„Meine ärztliche Schweigepflicht verbietet es mir, die Krankengeschichten meiner Patienten preiszugeben. Ich werde niemandem etwas erzählen, darauf gebe ich Ihnen mein Wort", versicherte Edmond aufrichtig, da er ohnehin nicht glaubte, dass irgendjemand ihm diese Geschichte abkaufen würde.

„Also gut. Ich werde Ihnen alles erzählen, was Sie wissen müssen", erwiderte Noel, während er Joshua zurück ins Untersuchungszimmer trug. Edmond verschloss die Türe und folgte ihnen. Mit einer gewissen Faszination erwartete er Noels Geschichte.

„Ich habe Joshua zu dem gemacht, was er ist. Es ist mein Blut, das in seinen Adern fließt. Wenn Ihnen Unterschiede aufgefallen sind, dann ist dies vielleicht die Ursache für sein Leiden", begann Noel zu erzählen und gab Edmond die Blutproben zurück.

„Ich verstehe, dann haben Sie ihn also erschaffen, indem Sie ihm das Blut ausgesaugt haben und ihn von Ihrem Blut trinken ließen", meinte der Arzt übereifrig, während er erneut sein Mikroskop für eine genauere Untersuchung vorbereitete.

„So ungefähr", gab Noel knapp zu, da er es in diesem Fall für nicht wichtig erachtete dem Arzt zu erzählen, wie ein Loraib erschaffen wird.

„Gibt es noch mehr wie ihn? Haben Sie noch mehr, äh, wie sagten Sie? Lorabib?"

„Loraib", wiederholte Noel mit leichtem Ärger und fügte hinzu: „Ich habe noch mehr Nachkommen, wenn Sie das meinen, doch ich habe nur einen Loraib. Ein Loraib ist zu vergleichen mit einem Ehegatten oder einem Lebensgefährten. Daneben habe ich noch einen Centra und einen Centradu."

„Lebensgefährte? Aber er ist doch ein Mann! Sind Sie etwa schwul?", fragte der Arzt ein wenig verwirrt, da er sich niemals gedacht hätte, dass es schwule Vampire gibt. Bis vor kurzem jedoch hätte er nicht einmal geglaubt, dass es überhaupt Vampire gibt, weshalb er seine heftige Reaktion im Nachhinein etwas übertrieben empfand und sich seiner unbedachten Worte schämte.

Noel war jedoch keineswegs über diese Worte verärgert und erwiderte mit einem feinen Lächeln: „Ein Vampir benötigt keine Frau, um sich fortzupflanzen. Es spielt also keine Rolle, ob dessen Gefährte ein Mann oder eine Frau ist. Doch auch unter Vampiren sind Männer die besseren Kämpfer. Es dient also dem Fortbestand unserer Rasse, wenn wir uns männliche Gefährten wählen. Genauso, wie es Ihrer Rasse dient, wenn Männer sich mit Frauen verbünden, um Kinder zu zeugen."

„Ich verstehe. Und diese anderen Nachkommen, die Sie erwähnten, diese Zentra, wurden sie auf die gleiche Weise erschaffen wie Ihr Loraib?", fragte Edmond interessiert nach, während er sich Joshuas Blut erneut durch dem Mikroskop betrachtete.

„Centra", betonte Noel und erklärte genauer: „Sie wurden auf ähnliche Weise erschaffen wie Joshua, doch mit einer anderen Bestimmung. So wie ich eines Tages an die Stelle meines Sirus treten werde, wird mein Centra einmal meinen Platz einnehmen. Ein Centradu ist ein zweiter Nachkomme, der zur Sicherheit erschaffen wird, falls der Centra sterben sollte."

Noel hoffte sehr, dass all diese Fragerei auch einen Sinn hatte, denn er gab bereits zu viel von sich und seinem Volk preis.

„Dann müsste deren Blut doch dem Ihren ähneln. Es wäre für mich sehr hilfreich, wenn ich weitere Blutproben erhalten könnte, um die Unterschiede genauer zu untersuchen. Schließlich kann ich Ihr Blut nicht mit dem eines normalen Menschen vergleichen", meinte der Arzt sachlich, worauf Noel doch anfing neue Hoffnung zu schöpfen. Zumindest schien der Arzt bereit zu sein es zu versuchen.

„In Ordnung. Sie sollen Ihre Blutproben erhalten", erklärte Noel und verschwand sogleich aus dem Untersuchungszimmer, worauf Edmond ihm verwirrt nachsah. Er hatte nicht damit gerechnet, dass der Vampir ihn einfach so mit Joshua allein lassen würde.

Noel hatte aber gar nicht vor, Edmond lange alleine zu lassen. Dafür lag ihm zu viel an seinem Loraib und er hatte zu wenig Vertrauen zu den Menschen. Das war auch der Grund, weshalb er nicht ohne Rückendeckung gekommen war. Noel brauchte nur in der offenen Tür stehen zu bleiben und in die Richtung zu blicken, von der er wusste, dass sein Centra wartete, um diesem zu zeigen, dass er seine Anwesenheit wünschte. Sofort, als Djoser dieses Zeichen verstand, verließ er sein Versteck und eilte über die Straße zu seinem Sirus.

„Wird er ihm helfen?", fragte Djoser sofort neugierig, denn auch er sorgte sich um das Wohl seines Bruders.

Noel lächelte ihm sanft entgegen und erwiderte: „Er versucht es. Geh und hol deinen Bruder. Der Arzt benötigt Blutproben von euch."

„Ja, mein Sirus", erwiderte Djoser mit einer leichten Verbeugung und eilte sofort davon, um dem Wunsch seines Sirus’ nachzukommen.

Als Noel zurück ins Untersuchungszimmer trat, blickte ihm Edmond verwirrt entgegen, weshalb Noel erklärend sagte: „Ich habe nach meinen beiden Nachkommen geschickt. Sie werden gleich da sein."

„Ausgezeichnet", erwiderte Edmond erfreut. Er hatte sich die Blutproben inzwischen genauer betrachtet und war vollkommen fasziniert von seinen Entdeckungen. Als er jeweils einen Tropfen von Noels und Joshuas Blut zusammen unter sein Mikroskop legte, stellte er begeistert fest, dass die fremdartigen Bestandteile in Noels Blut anfingen die offensichtliche Ursache für Joshuas Leiden zu bekämpfen. Vielleicht könnte man ihn auf diese Weise heilen? Doch dies kam ihm fast zu einfach vor.

„Wie ist es unter den Vampiren. Trinken Vampire voneinander? Beziehungsweise lassen Sie Joshua von Ihrem Blut trinken? Und wenn ja, wie oft?", fragte er deshalb genau nach.

„Das Blut des Sirus hat heilende Wirkung, deshalb gebe ich Joshua täglich so viel wie möglich von mir zu trinken. Ohne mein Blut wäre er vermutlich bereits gestorben", erklärte Noel traurig.

„Haben Sie eine direkte Bluttransfusion auch schon probiert?", fragte der Arzt neugierig.

„Nein. Bisher noch nicht", antwortete Noel.

„Hm… also gut. Ich hätte da eine Idee, doch dazu muss ich erst noch die Blutproben Ihrer beiden anderen Nachkommen untersuchen. Wenn meine Vermutung zutrifft, und all Ihre Blutproben sich in ihrer Grundzusammensetzung ähneln, dann bestände vielleicht die Möglichkeit mit Hilfe eines Aderlasses das verseuchte Blut aus Joshuas Körper zu entfernen und ihm dann jeweils von Ihnen und den beiden anderen gesundes Blut zuzuführen. Jedoch kann ich nicht sagen, ob dies auch wirklich funktionieren wird. Ich habe leider keine Erfahrung in der Vampirmedizin. Ich kann nicht vorhersagen, was wirklich passieren wird."

Für Noel klang dies durchaus nach einem durchführbaren Plan und er fragte sich, weshalb er nicht selbst auf so eine Idee gekommen war. Zuversichtlich meinte er zum Arzt: „Ich denke nicht, dass dies zu negativen Auswirkungen führen könnte. Vampire sind wesentlich widerstandsfähiger als Menschen."

„Ist es wahr, dass Sie unsterblich sind?", kam Edmond diese durchaus wichtige Frage erst jetzt in den Sinn.

„Auch Vampire können sterben. Doch solange es nicht durch Gewalteinwirkung geschieht, sterben wir nicht", erklärte Noel dürftig.

„Wenn Sie nicht sterben, weshalb haben Sie dann so viele Vorsichtsmaßnahmen, um den Fortbestand Ihrer Rasse zu sichern, wie Sie es genannt haben. Wozu haben Sie einen Centradu und wozu einen männlichen Gefährten wählen, wenn Ihnen sowieso nichts passieren kann?", bohrte Edmond weiter.

Noel war angenehm überrascht wie aufmerksam Edmond doch seinen Worten gelauscht zu haben schien und erklärte genauer: „Die Struktur unseres Clans ist schon seit vielen tausend Jahren fest vorgegeben. Zu den Lebzeiten unserer Uhrahnen herrschten viele Kriege zwischen den Vampirvölkern. Meist waren es Machtkämpfe um Ansehen oder Territorien. Bis zum heutigen Tag blieben diese Strukturen erhalten, auch wenn es heute keine Kriege mehr gibt."

„Ich verstehe. Dann schätze ich, besteht Ihre derzeitige Struktur bereits seit einer langen Zeit. Darf ich fragen, wie alt Sie sind?", fragte der Arzt neugierig nach.

„Ich sehe keinen Grund, weshalb dies zur Heilung von Joshua relevant wäre", wich Noel dieser Frage aus, weil er keine Lust hatte mit einem Mensch über seine Vergangenheit zu sprechen.

„Verzeihen Sie meine Neugierde, dies alles ist einfach zu faszinierend für mich", entschuldigte sich Edmond.

„Ich kann Ihre Neugierde gut verstehen, doch ich bin nicht hier, um Ihren Wissensdurst zu stillen", meinte Noel freundlich.

„Natürlich nicht." Edmond versuchte sich weitere Fragen zu verkneifen, was ihm sichtlich schwer fiel, denn je mehr er über die Vampire nachdachte, desto mehr Fragen tauchten plötzlich auf. Wie gern hätte er mehr erfahren, doch er wollte Noel nicht verärgern, weshalb er sich zusammenriss und sich nur noch auf seine Aufgabe konzentrierte.

Ein paar Minuten später spürte Noel die Anwesenheit seiner beiden Nachkommen, weshalb er zur Türe ging, um sie hereinzulassen. Als Noel in Begleitung der Beiden eintrat, stellte er sie dem Doktor freundlich vor: „Das hier ist Djoser, mein Centra. Und Peter ist mein Centradu."

Edmond hatte die Ankunft der beiden Vampire gar nicht bemerkt, weswegen er erschrocken aufsprang, als plötzlich zwei weitere Männer mit im Raum waren. Er zwang sich zu einem Lächeln und scherzte: „Dass Vampire die Erlaubnis des Hausherrn brauchen, um einzutreten, ist also nur ein Mythos, nehme ich an."

„Wie viele andere Dinge auch", erklärte Noel mit einem feinen Lächeln, das Edmund einen kalten Schauer über den Rücken laufen ließ. Die beiden Nachkommen, die nun erwartungsvoll vor ihm standen, wirkten auf ebenso seltsame Weise schön, wie ihr Erschaffer, weshalb sich Edmond zwangsläufig fragte, ob alle Vampire ein solch makelloses Aussehen hätten.

Djoser war ebenso voller Stolz wie Noel. Seine kräftige Statur wirkte wie die eines starken Kriegers. Er hatte kurzes dunkelblondes Haar und sanfte haselnussbraune Augen, die Edmond mit soviel Wärme und zugleich in gewisser Weise herablassend musterten, dass er nicht wusste, ob er sich angezogen fühlen, oder sich fürchten sollte.

Peter war ein Stück kleiner als Noel und Djoser. Er war etwas drahtiger als die anderen und er hatte einen frechen Blick, der durch seine funkelnden grünen Augen noch mehr verstärkt wurde. Seine langen rotblonden Haare waren in wilden Locken gekräuselt und nur mit einem einfachen Band dürftig in den Nacken gebunden. Während Noel und Djoser sehr elegant gekleidet waren, als würden sie ihre Gewänder nur von teuren Designern beziehen, trug Peter einfache ausgewaschene Jeans und einen alten ausgeleierten Pullover, der bereits ein paar Löcher aufwies.

Der Gegensatz zwischen den Männern war so extrem und doch umgab sie alle eine gleichermaßen faszinierende Schönheit, sodass Edmond sie sprachlos anstarrte.

„Wollten Sie nicht Blutproben von meinen Söhnen nehmen?", fragte Noel über Edmonds Sprachlosigkeit amüsiert.

„Ja sicher, natürlich!", erwiderte Edmond peinlich berührt und machte sich sofort an die Arbeit.

Nachdem Edmond etwas von seinem Blut entnommen hatte, trat Djoser zu Joshua an die Liege und richtete einen besorgten Blick auf seinen Bruder. Sanft streichelte er ihm über die Stirn, worauf Edmond sich fragte, ob alle Vampire so liebevoll untereinander waren. Vielleicht stimmte es gar nicht, dass Vampire Blut saugende Monster waren? Vielleicht waren sie nur eine seltsame Spezies, die versteckt unter den Menschen lebte?

Edmond lenkte seine Konzentration zurück auf Peters Arm und holte sich eine letzte Blutprobe. Um sich nicht noch peinlicher zu benehmen, fing er sofort an, die entnommenen Proben genau zu untersuchen.

Peter lümmelte sich auf den freien Stuhl, der hinter dem großen Arztschreibtisch stand und legte seine Füße ungeniert auf den Tisch, während Noel den Arzt genau im Auge behielt.

„Hey Djoser, wolltest du Vater nicht etwas sagen?", fragte Peter frech, da er wusste, dass das kommende Gespräch lustig werden könnte.

Noel war sofort aufmerksam geworden und fragte seinen Centra: „Was willst du mir sagen?"

Djoser warf seinem Bruder einen verärgerten Blick zu und wandte sich dann von Joshua ab, um vor seinen Sirus zu treten. Mit demütig gesenktem Blick sagte er: „Als ich zurück ging, um Peter zu holen, wurde ich von Altair gesehen. Er wollte wissen wo du bist und forderte eine Antwort. Ich musste ihm sagen, dass du hier bist, um für Joshua ein Heilmittel zu suchen. Bitte verzeih mir, mein Sirus."

„Verdammt!", fluchte Noel, da er Altair erst davon erzählen wollte, wenn es tatsächlich Hoffnung auf eine Heilung gab.

Er sah den schuldbewussten Blick seines Centras und fügte seinem Fluch hinzu: „Es ist nicht deine Schuld. Du hast richtig gehandelt, als du ihm die Wahrheit erzählt hast. Ich werde es ihm erklären müssen, wenn wir zurückgehen."

„Ich hätte besser darauf achten sollen, dass er mich nicht sieht." Djoser quälte das schlechte Gewissen. Altair war unberechenbar und es war nicht besonders klug, seinen Zorn auf sich zu ziehen.

„Mach dir deshalb keine Sorgen. Das ist nicht das erste Mal, dass ich mir Ärger bei meinem Sirus eingehandelt habe und es wird auch gewiss nicht das letzte Mal sein", erklärte Noel mit einem Augenzwinkern.

Edmond hatte dieses Gespräch mitbekommen, weshalb viele neue Fragen in ihm entflammten, doch er wagte nicht sie zu stellen. Stattdessen wandte er sich der nächsten Blutprobe zu.

Nicht mehr ganz so frech, aber dennoch leicht neckend, fragte Peter: „Noel, was wirst du tun, wenn unser Alter hier auftaucht?"

„Dann werde ich ihm sagen, dass du mich auf die Idee gebracht hast, hierher zu kommen", erwiderte Noel gewitzt, um seinen frechen Centradu ein wenig in die Schranken zu weisen.

Peter verstand die versteckte Nachricht sofort, weshalb er Noels Lächeln mit einem entschuldigenden Blick erwiderte und keine weiteren Sticheleien von sich gab.

Währenddessen schloss Edmond seine Untersuchungen ab und meinte freudig zu Noel: „Ich hatte recht! Das Blut Ihrer Nachkommen ist so gut wie identisch zu dem Ihrigen. Der Plan könnte tatsächlich funktionieren."

„Welcher Plan?", fragte Djoser interessiert nach.

Übereifrig begann der Arzt erneut von seinem Vorhaben zu berichten, wobei er diesmal jedoch ein wenig weiter ausschweifte, bis Djoser ihn mit leidender Miene unterbrach und klagte: „Schon gut, ich habe es verstanden. Vergessen Sie, dass ich gefragt habe."

Djoser hatte schon nach den ersten Sätzen verstanden was Dr. Lemon vorhatte, und wollte dessen langweiligen Ausschweifungen nicht weiter zuhören. Zudem konnte er mit all den medizinischen Fachausdrücken nichts anfangen, mit denen Edmond um sich warf. Etwas griesgrämig fragte er: „Und wann soll das ganze passieren?"

Edmond überlegte kurz und meinte daraufhin: „Nun ja, im Grunde können wir die Behandlung beginnen, wann immer Sie wollen."

Noel meldete sich zu Wort und forderte: „Ich will, dass Sie es sofort machen."

„Sofort? Also gut, wenn Sie so wollen, dann werde ich gleich alles vorbereiten", erwiderte der Arzt und begann sogleich mit seiner Arbeit.

„Mein Sirus, es ist schon sehr spät, meinst du nicht, wir sollten es auf morgen Nacht verschieben?", gab Djoser zu bedenken.

„Nein. Altair würde es mir gewiss nicht mehr gestatten hierher zurückzukommen", antwortete Noel, während er zurück zu Joshua an die Liege trat und in dessen sorgenvolle Augen blickte. Durch seine schwere Krankheit war er zwar unfähig zu sprechen, doch mit Hilfe seiner Augen konnte er sich noch immer mitteilen. Er wusste, wie streng Altair zu Noel sein konnte, weshalb er sich sehr um ihn sorgte. Ebenso wie seine Brüder, die einen unsichern Blick tauschten. Ihnen allen war bewusst, dass sich Noel mit dieser Aktion sehr großen Ärger einhandelte.

Auch Noel war sich der Konsequenzen bewusst, doch er konnte nicht tatenlos zusehen, wie sein Loraib langsam und elendig starb. Er musste etwas unternehmen, und wenn dies zur Folge hatte, dass er sich gegen seinen Sirus auflehnen musste, dann wollte er dies mit Freuden und Stolz tun.

„Ich bin soweit. Wenn Sie es wünschen, können wir beginnen", riss Edmond sie alle aus ihren besorgten Gedanken.

„Ich bitte darum. Und bitte beeilen Sie sich", drängte Noel.

Sogleich begann Edmond Joshua einen Aderlass zu legen. Er wusste nicht wie viel Blut er entnehmen konnte, ohne dem Vampir zu schaden, weshalb er auf nummersicher ging und nicht viel mehr entnehmen wollte, als ein normaler gesunder Mensch vertragen würde. Gleichzeitig begann er mit der ersten Bluttransfusion, wobei er Djoser als ersten Blutspender verwendete. Auf diese Weise spülten sie das kranke Blut regelrecht aus Joshuas Körper heraus und ersetzten es mit dem seiner Brüder.

Zur Kontrolle wollte Edmond Joshuas Puls und dessen Herzschläge kontrollieren, und erschrak dabei furchtbar, als er feststellte, dass er einen extrem schwachen Pulsschlag hatte und sein Herz gar nicht schlug. Doch bevor er von seiner schrecklichen Entdeckung etwas sagen konnte, zog Noel ihm das Stethoskop aus den Ohren und sagte: „Unsere Herzen schlagen nicht."

„Kein Herzschlag? Aber ich konnte deutlich einen schwachen Puls spüren", fragte Edmond verwirrt.

„Der Puls, denn Sie spüren, entsteht durch unser vampirisches Blut. Es fließt von selbst durch unsere Adern. Es liegt an der veränderten Zusammensetzung, die Sie auch unter dem Mikroskop feststellen konnten", klärte Noel ihn genauer auf.

Edmund musste feststellen, dass ihn diese Vampire immer mehr faszinierten und er zu gern alles ganz genau über sie erfahren würde. Vielleicht würden sie ein wenig mehr von sich preisgeben, wenn er Joshua heilen konnte, hoffte er insgeheim, weswegen er sich weiter auf seine Aufgabe konzentrierte.

Noel wachte genau über Joshua und sah eine deutliche Veränderung in dessen Augen. Mit jedem Tropfen Blut, das seinen Körper verließ und durch neues Blut ersetzt wurde, fühlte er sich ein kleines Stück besser.

Zum Schluss legte Edmond noch Noel die Nadel an den Arm, um auch von ihm Blut zu spenden. Bei seinen Untersuchungen hatte er festgestellt, dass Noels Blut am besten gegen die schädlichen Fremdkörper aus Joshuas Blut ankämpfen konnte, weshalb er, als er den Aderlass schließlich stoppte, trotzdem weiter Noels Blut in Joshuas Körper fließen ließ, um die zurückgebliebenen Fremdkörper zu bekämpfen.

„Wann werden wir wissen, ob es funktioniert hat?", fragte Noel nach, während er weiter in Joshuas Augen sah.

„Das kann ich leider nicht genau sagen. Ich werde jetzt gleich noch mal eine Blutprobe von ihm nehmen, um zu sehen, ob sich bereits eine Änderung eingestellt hat, doch danach können wir nicht mehr tun, als ihn weiter zu beobachten. Ich würde empfehlen, Sie lassen ihn hier in der Praxis, dann kann ich später ein paar Nachuntersuchungen durchführen", antwortet Edmond.

Der Gedanke, seinen Loraib allein in den Händen eines Menschen zurückzulassen, gefiel Noel überhaupt nicht, doch er konnte unmöglich hier bleiben, wenn er den Zorn seines Altairs nicht noch weiter heraufbeschwören wollte. Wenn er Joshua mit zurück nach Hause nehmen würde, war nicht sicher, ob er noch mal die Gelegenheit bekommen würde, ihn wieder hierher zu bringen, für den Fall, dass eine weitere Behandlung notwendig wäre.

Nachdenklich blickte er deshalb zu seinen beiden Centras und ohne etwas sagen zu müssen, meinte Djoser sofort hilfsbereit: „Ich kann hier bei ihm bleiben, wenn du es möchtest."

„Peter?", fragte Noel seinen Centradu, da es ihm lieber wäre, wenn dieser hier blieb. Altair war nicht besonders gut auf Peter zu sprechen, weshalb es ihn gewiss milder stimmen würde, wenn Noel zusammen mit Djoser zurückkehrte.

„Ja klar, ich spiel gern den Aufpasser. Ist es okay, wenn ich mit dem Doc ein bisschen Spaß habe?", fragte Peter mit einem frechen Grinsen, worauf Edmond erschrocken zu Noel blickte. Er hatte zwar keine Ahnung, was Peter mit „Spaß" meinte, doch er hoffte schwer, dass dabei keine Vampirzähne mit im Spiel waren.

„Tu mir den Gefallen und reiß dich zusammen. Der Doktor war sehr freundlich zu uns und ich erwarte, dass du diese Freundlichkeit erwiderst. Nutze dein vorlautes Mundwerk einmal zu etwas nützlichem und beantworte Edmond ein paar seiner Fragen. So oft, wie ich dir den Mund verbieten muss, bin ich sicher, dass dir diese Aufgabe leicht fallen wird. Aber erzähle ihm nicht zu viel von uns. Er weiß schon jetzt mehr als gut für ihn ist. Und halte dich um Himmels Willen an die Wahrheit", mahnte Noel seinen Centradu, da er ihn nur allzu gut kannte und genau wusste, zu welchen Schandtaten dieser fähig war.

„Jawohl, Daddy", erwiderte Peter mit einem militärischen Salut.

„Nenn mich noch einmal Daddy und ich erteile dir eine Straflektion, die du nie mehr vergessen wirst", warnte Noel mit bedrohlicher Stimme, bei der Edmond glaubte, dass ein animalisches Knurren mit zu hören war. Für gewöhnlich reagierte Noel Peter gegenüber nicht so streng, doch in dieser Nacht war er nicht zu Scherzen aufgelegt, schließlich würde er allzu bald dem Zorn seines eigenen Sirus gegenüberstehen.

Peter wusste genau, wann er seine Grenzen erreichte, weshalb er sich von seinem Stuhl erhob und mit gesenktem Haupt erwiderte: „Verzeih mir mein Sirus. Ich werde mich deiner würdig verhalten, ich verspreche es."

„Danke mein Sohn. Achte gut auf Joshua und informiere mich, sobald es Neuigkeiten gibt", sagte Noel, mit Peters Verhalten zufrieden.

„Das werde ich", versprach Peter aufrichtig.

Noel trat zu Edmond, welcher noch dabei war Joshuas Blut unter dem Mikroskop zu untersuchen, und fragte hoffnungsvoll: „Und? Wie sieht es aus? Hat die Behandlung Wirkung gezeigt?"

„Es sind jetzt wesentlich weniger dieser Schädlinge in seinem Blut, doch ob dies wirklich etwas gebracht hat, werden wir erst in ein paar Stunden sehen", erwiderte Edmond, während er von der Blutprobe aufblickte und Noel entgegensah.

Noel warf einen Blick zu seinen Söhnen, bevor er zu Edmond meinte: „Djoser und ich müssen jetzt gehen. Bitte achten Sie gut auf Joshua. Ich versuche so bald wie möglich wieder zu kommen. Falls Sie mich dringend brauchen sollten, schicken Sie Peter zu mir. Ich kann zwar nicht sicher sagen, ob ich in der Lage sein werde zu kommen, doch ich werde es versuchen."

„Was meinen Sie damit, dass Sie dazu eventuell nicht in der Lage sein werden?", konnte Edmond seine Neugierde nicht zurückhalten. Er ahnte, dass dies etwas mit besagtem Altair zu tun haben musste, und dies machte ihn umso neugieriger.

„Peter?", sagte Noel, anstatt Edmond zu antworten.

„Ist schon gut, ich erklär’s dem Doc", erwiderte Peter, der nun mittlerweile bei Joshua stand, um ihn beruhigend zu streicheln, da Peter wusste, dass Joshua beunruhigt sein würde, sobald Noel ohne ihn ging.

Edmond konnte sein Glück kaum fassen und überlegte sich bereits, was er Peter alles fragen wollte, während Noel ebenfalls an die Liege trat, um sich von seinem Loraib zu verabschieden. Er gab ihm einen sanften Kuss auf die Stirn und blickte ihm abschließend tief in die Augen, bevor er zusammen mit Djoser das Untersuchungszimmer verließ, ohne sich mit einem einzigen Wort vom Doktor zu verabschieden, weshalb Edmond ihnen ein wenig verwirrt hinterher blickte.

„Nehmen Sie es den Beiden nicht übel. Sie lieben theatralische Abgänge", kommentierte Peter das Verhalten seiner Familienmitglieder.

„Was meinte er damit, dass er vielleicht nicht in der Lage wäre, zurückzukommen?", wiederholte Edmond seine Frage nun an Peter.

„Haben Sie nicht ein netteres Plätzchen zum Plaudern, als hier?", entgegnete Peter, während er Joshua eine einsame Träne aus dem Gesicht wischte. Die Trennung von seinem Sirus war nur schwer zu ertragen.

„Ähm, ja sicher. Ich müsste hier irgendwo eine Trage haben, damit könnten wir Joshua nach oben in mein Gästezimmer bringen. Es ist zwar kein richtiges Krankenzimmer, doch für den Notfall sollte es reichen", meinte Edmond, während er gleichzeitig hektisch nach der Trage suchte.

Peter griff sich währenddessen den kraftlosen Körper seines Bruders und hievte ihn auf seine Arme. Für ihn war es ein leichtes Joshua zu tragen, weshalb er neckend zum Docktor meinte: „Wonach suchen Sie?"

Erst als Edmond die Frage hörte, blickte er zu Peter und stellte überrascht fest, dass die Trage nicht mehr von Nöten war. Dabei fiel ihm wieder ein, dass Noel anfangs seinen Loraib ebenfalls ohne ansehbare Schwierigkeiten getragen hatte, weshalb er nun neugierig fragte: „Sind alle Vampire so stark?"

„Alle nicht, wie Sie ja deutlich sehen können", erwiderte Peter gewitzt, während er Joshuas Körper vorsichtig in seinen Armen herummanövrierte, bis dessen Kopf nicht mehr nach hinten hing, sondern bequem an seiner Schulter lag.

Edmond beobachtete, wie Joshua seine Augen schloss, als ob er unter großer Anstrengung stehen würde. Er konnte sich vorstellen, dass es für einen sonst starken Vampir demütigend sein musste, vollkommen auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein. Doch als Joshua seine Augen wieder öffnete, sah er dort keine Scham, sondern tiefe Zuneigung und Dankbarkeit. Die Familienbande zwischen Vampiren schienen sehr stark zu sein.

Edmond führte Peter nach oben in sein kleines Gästezimmer, worin sich nur ein Bett, ein Nachttisch und ein kleiner Schrank befanden, in dem Edmond zurzeit seine Wintergarderobe untergebracht hatte. Während der warmen Sommermonate brauchte er es nicht.

„Ich habe leider nur ein Gästezimmer", unterrichtete Edmond seine Gäste.

„Schon okay. Ich schlafe hier bei Josh", erklärte Peter mit einem frechen Blick. Er legte Joshua nicht einfach so ab, sondern setzte sich auf das Bett und rutschte, mit Joshua an sich gelehnt, ans Kopfende des Bettes.

Dieser Anblick erinnerte Edmond sehr stark an eine Schwulenszene aus einem TV-Film, weshalb er stark errötete und das Zimmer verlassen wollte, doch Peter hielt ihn auf, indem er sagte: „Hey, ich dachte, Sie wollen eine Gutenachtgeschichte über Vamps hören?"

„Nun ja, ich will nicht stören", erwiderte Edmond verlegen.

„Stören? Wobei?", fragte Peter sichtlich verwirrt, weshalb Edmond sein ungutes Gefühl verdrängte und zugab: „Ich dachte, Sie wollten lieber alleine sein. Ich würde sehr gerne mehr über Vampire erfahren."

Natürlich wusste Peter ganz genau, weshalb der Arzt plötzlich so verlegen war und er genoss es sehr zuzusehen, wie der Mensch vor ihm errötete. Doch nicht nur er amüsierte sich über diesen Anblick. Auch Joshua hatte ein freches Glänzen in den Augen.

„Altair hat uns verboten mit Menschen in Kontakt zu treten. Deshalb wird Noel höchstwahrscheinlich einen ziemlich gewaltigen Ärger bekommen, wenn er nach Haus kommt", beantwortete Peter ihm als erstes die Frage, die Edmond vorhin gestellt hatte.

„Wird er ihm etwas antun?", fragte Edmund, wobei ihn diese Vorstellung heimlich faszinierte.

„Kann ich nicht sagen. Ist gut möglich. Bestimmt erteilt er ihm eine Straflektion, aber wie weit er dabei gehen wird, kann man nie sagen. Kommt darauf an, wie gut oder wie schlecht er gerade gelaunt ist. Doch so wie er aussah, als Djoser und ich gegangen waren, ist er ziemlich sauer", berichtete Peter im Plauderton, während er zärtlich über Joshuas Rücken graulte.

„Was würde im schlimmsten Fall passieren?", fragte Edmond weiter.

„Glauben Sie mir Doc, das wollen Sie gar nicht wirklich wissen und außerdem ist es Noel bestimmt nicht recht, wenn ich Ihnen davon erzähle", wich Peter der Antwort aus.

„Verstehe. Wie alt sind Sie?", erwiderte Edmond sofort, aus Angst, Peter würde ihn sonst keine weiteren Fragen beantworten.

Peter lachte kurz auf über den plötzlichen Themenwechsel, antwortete aber wahrheitsgemäß: „Ich bin einhundertfünfzehn und damit bin ich das jüngste Mitglied der Rangorder."

„Was ist eine Rangorder?", griff Edmond den neuen Begriff interessiert auf.

„Die Rangorder besteht aus den ranghöchsten Vampiren innerhalb eines Clans. An der Spitze steht der Clanführer. In unserem Falle ist das Altair. Danach kommen sein Centra und sein Centradu. Diese beiden ranghöchsten Nachfolger haben jeweils zwei eigene Nachfolger. Also jeweils einen eigenen Centra und einen Centradu. Das sind die sieben ranghöchsten Vampire eines Clans. Außerdem haben sowohl Altair als auch jeder seiner beiden Nachfolger einen Loraib. Ein Loraib ist anderen Gesetzen unterstellt, als ein Centra, oder ein Centradu, doch er gehört ebenfalls zur Rangorder."

„Wieso ist ein Loraib anderen Gesetzen unterstellt?", wollte Edmond genauer wissen und Peter fragte sich wie lange der Wissensdurst des Menschen anhalten würde. Es machte ihm nichts aus von seinem Clan zu erzählen. Er fürchtete nur, seinerseits eine baldige Straflektion von Noel zu bekommen, wenn dieser erfuhr, wie viel er von ihrer Familie preisgab. Doch sein Sirus hatte ihn ermahnt, die Wahrheit zu sagen, also blieb er genau bei der Wahrheit.

„Ein Loraib wird nur erschaffen, um seinem Sirus gefällig zu sein. Er darf selbst keine Nachkommen erschaffen und darf sich ohne die Erlaubnis seines Sirus’ mit keinem anderen Familienmitglied sexuell vergnügen." Mit Freuden beobachtete Peter den verdutzten Gesichtsausdruck des Doktors.

Edmond war sprachlos und wusste nicht, ob er noch mehr Mitleid mit Joshua haben sollte, oder nicht.

Frech grinsend fragte Peter: „Is’ was Doc? Wollen Sie gar nichts mehr wissen?"

„Doch!", erwiderte Edmond sofort, ohne genau zu wissen, was er als nächstes fragen sollte. Er war noch zu sprachlos wegen der Sache mit den Loraibs, weshalb er das erstbeste fragte, was ihm ihn den Sinn kam: „Stimmt es, dass Sie in der Sonne verbrennen?"

„Hab noch nie einen brennenden Vampir gesehen, nein. Doch es stimmt, dass wir die Sonne meiden. Zu helles Licht schmerzt uns in den Augen, da wir um einiges besser sehen als Menschen und unsere Haut reagiert sehr empfindlich auf UV-Strahlung. Sie werden niemals einen Vampir sehen, der sich am Badestrand in der Sonne aalt, denn er würde so einen enormen Sonnenbrand bekommen, dass er Tage braucht, um sich davon zu erholen", erklärte Peter, während seine freie Hand nach Joshuas griff und sie leicht drückte.

Joshua spürte diese kleine Geste und versuchte mit aller Kraft den Händedruck zu erwidern. Seit der Behandlung fühlte er eine stetige Veränderung in seinem Körper, weshalb er hoffte, dass er bald wieder zu Kräften kommen würde.

„Wie ist es mit Holzpflöcken und Weihwasser?", fragte Edmond weiter.

„Das mit dem Holz ist so eine Sache. Wir wissen nicht genau warum, doch Holz kann unseren Körper schwächen. Insbesondere sehr altes Holz. Je älter, desto gefährlicher. Gerät es in Berührung mit unserem Blut, dauert es länger, bis die Wunde heilt. An keiner Körperstelle unseres Körpers fließt mehr Blut, als in unserem Herzen, auch wenn es nicht schlägt. Ergo, schlägt man uns einen Pflock aus sehr altem Holz direkt ins Herz, können wir daran sterben. Müssen wir aber nicht. Das kommt ganz darauf an, wie alt der Vampir ist."

„Und Weihwasser?", hakte Edmond nach, da Peter nicht darauf eingegangen war.

„Ach vergessen Sie den ganzen Schrott über Weihwasser und Kreuze. Ein Vampir wird auch kein Problem damit haben, eine Kirche zu betreten. Das ist alles reiner Humbug, den sich irgendwelche geistlichen Führer früher ausgedacht haben, damit die Leute mehr Geld in den Klingelbeutel stecken und schön fleißig beten."

„Wie ernähren Sie sich?", fragte Edmond schließlich, obwohl er sich ein wenig vor dieser Frage fürchtete.

„Ich dachte, das wäre Ihnen klar, von Blut natürlich", grinste Peter ihm frech entgegen.

Edmond schluckte schwer und fragte weiter: „Wie viele Menschen töten Sie in einer Nacht?"

„Was schätzen Sie?", stellte Peter die Gegenfrage.

„Ich weiß nicht", meinte Edmond, während er anfing den täglichen Flüssigkeitsbedarf eines normalen Menschen als Schätzwert zu nehmen und sich fragte wie viel Blut ein Vampir aus einem Mensch heraussaugen könnte. Nach einer Weile Herumrechnen sagte er schließlich: „Es müsste mindestens ein Mensch pro Nacht und Vampir sein. Ist das richtig?"

„Denken Sie nicht, dass dann die Menschheit längst ausgerottet wäre? Aber hey, wer weiß? Vielleicht sind Sie ja der letzte Mensch auf Erden und wissen es noch gar nicht", witzelte Peter, was Edmond ziemlich makaber fand.

„Ich kann verstehen, wenn Sie es mir nicht sagen wollen, aber sich darüber noch lustig zu machen, finde ich nicht in Ordnung", beschwerte er sich brüskiert.

„Schon gut, bleiben Sie cool, Doc. Sie können mir glauben, in meinen einhundertfünfzehn Jahren habe ich noch keinen einzigen Menschen getötet und ich habe nicht vor, dies zu ändern", versicherte ihm Peter mit ernster Miene.

„Keinen einzigen?", erwiderte Edmond sprachlos.

„Nope. Niemals. Es gibt andere Wege, an Blut heranzukommen. Es wird sie vielleicht schockieren, aber etwa zehn Prozent aller Blutspenden weltweit verschwinden jährlich auf unerklärliche Weise."

Edmond war nun vollkommen verwirrt. Wenn Vampire keine Menschen töten, warum wurden sie in den meisten Erzählungen als blutrünstige Mörder dargestellt?

„Ich verstehe das nicht. Haben Vampire noch nie Menschen getötet?", fragte er interessiert nach.

„So wie es viele Menschen gibt, die Menschen töten, gibt es auch unter den Vampiren schwarze Schafe, die unseren Ruf schädigen. Aber im Grunde sind Vampire friedfertige Wesen. Früher haben sie angeblich sogar die Menschen beschützt und standen ihnen in ihren Kriegen zur Seite", schweifte Peter in seiner Erzählung ein wenig aus.

„Und weshalb leben Vampire dann im Verborgenen, wenn sie keine Menschen töten?"

„Betrachten Sie sich selbst, wie neugierig Sie auf uns reagieren. Und nun stellen Sie sich vor, wie eine ganze Nation auf uns reagieren würde. Stellen Sie sich vor, was man mit uns anstellen würde, wenn man von unserer Existenz erfahren würde. Glauben Sie ernsthaft, die Menschen würden uns friedlich willkommen heißen?", gab Peter zu bedenken.

„Nun ja, ich denke, wenn die Menschen wüssten, dass es Sie gibt und dass Sie friedlich sind, glaube ich kaum, dass man Sie verfolgen würde", meinte Edmond naiv.

Peter lachte kurz freudlos auf und erklärte weiter: „Es gab eine Zeit, in der die Menschen von unserer Existenz wussten, bis irgendein König es auf das Land eines anderen Königs abgesehen hatte, welches von Vampiren beschützt wurde. Der König verbreitete wilde Gerüchte über Blut saugende Monster, die ohne Mitleid durchs Land zogen, um alles zu töten, was ihnen in die Quere kam. Es dauerte nicht sehr lange, bis alle Vampire aus diesem Land getötet oder vertrieben waren. Ähnliche Szenarien spielten sich auch an anderen Orten ab."

„Das war vor vielen Jahren. Die Menschen waren damals ungebildet. Sie wissen nicht, wie es heute wäre", verteidigte Edmond die Menschheit.

„Heute wäre es noch schlimmer. Man würde uns nicht nur töten, sondern man würde uns wie Versuchskaninchen in Labore stecken, um an unser Geheimnis des ewigen Lebens heranzukommen", erwiderte Peter trocken und verlor langsam die Lust an diesem Frageantwortspiel.

Edmond musste zugeben, dass es auch ihn sehr stark interessierte, wie genau das Blut eines Vampirs die Lebensdauer so enorm verlängern konnte. Zudem schienen sie auch noch verstärkte Fähigkeiten zu besitzen. Allein schon die enorme Körperkraft war faszinierend. Als er genauer darüber nachdachte, erkannte er die Wahrheit in Peters Worten. Sowohl das Militär als auch die Medizin könnte daraus unschätzbaren Nutzen ziehen und würde gewiss über Leichen gehen, um an solche Informationen heranzukommen. Würde bekannt werden, dass Vampire existierten, wäre ihnen eine Zukunft als Laborratten sicher.

Edmond begann sich für seinesgleichen zu schämen und blickte traurig auf das Paar, das sich so innig und friedvoll aneinander gekuschelt auf seinem Gästebett befand. Wegen seiner großen Neugierde wollte er aber noch nicht gehen, auch wenn es mittlerweile sehr spät war und er schon in wenigen Stunden seine Praxis eröffnen sollte. Er suchte nach einer Frage, die weniger negative Gedanken verursachen würde, und meinte schließlich: „Mögen Vampire Knoblauch?"

Peter blickte Edmond verdutzt entgegen, da er nicht fassen konnte, wie neugierig ein einzelner Mensch sein könnte. Lachend antwortete er: „Abgesehen davon, dass Vampire überhaupt keine menschliche Nahrung zu sich nehmen, gibt es auch einige, die Knoblauch verabscheuen. Unser Geruchsinn ist besser als der eines Hundes. Sie können sich bestimmt vorstellen, wie intensiv wir starke Gerüche wahrnehmen."

„Stärker als der eines Hundes? Ist das wahr? Haben Vampire noch mehr verbesserte Fähigkeiten?", fragte Edmond sofort fasziniert nach.

Peter achtete nicht mehr auf den Arzt, da eine kleine Bewegung seine Aufmerksamkeit vollkommen vereinnahmt hatte. Zuerst war es nur ein leichtes Erwidern seines Händedrucks, der kaum wahrnehmbar war und bei der Peter erst dachte, er hätte es sich eingebildet, doch nun wurde dieser Druck kräftiger und ein leichtes Lächeln spiegelte sich auf Joshuas Gesicht wider.

„Hey! Du drückst gerade meine Hand, nicht wahr? Geht es dir besser?", fragte er Joshua voller Begeisterung und ignorierte Edmond dabei total.

Joshua zwinkerte einmal mit den Augenlidern, was das Zeichen für ein Ja war.

„Großartig! Versuch es noch mal. Drück noch mal meine Hand", drängte Peter.

Worauf Joshua wieder einmal zwinkerte und sich dann voll und ganz auf seine Hand konzentrierte. Diesmal war der Händedruck sogar noch stärker, weshalb Peter aufjauchzte und Joshua erfreut an sich drückte.

„Ich lauf sofort los und sag Noel bescheid! Wenn Altair erfährt, dass die Behandlung Wirkung zeigt, wird er vielleicht nicht mehr so böse sein?", verkündete Peter voller Begeisterung, während er sich vorsichtig von Joshua entfernte und ihn aufs Bett legte.

Joshua versuchte mehrmals mit seinen Augen zu zwinkern und wollte Peter mit seiner Hand festhalten, doch er war zu schwach, als dass er Peter aufhalten konnte und dieser verstand den Grund für sein energisches Zwinkern nicht.

„Mach dir keine Sorgen. Der Doc ist ein netter Kerl. Er wird auf dich aufpassen. Ich werde so schnell ich kann zurückkommen, das verspreche ich dir", redete Peter beruhigend auf Joshua ein und gab ihm einen kurzen Abschiedskuss auf die Stirn.

An Endmond herantretend, meinte Peter: „Bleiben Sie bitte bei ihm. Er fürchtet sich, wenn er allein ist."

„Äh, ja in Ordnung. Ich bleib hier bei ihm", erwiderte Edmond leicht irritiert über Peters plötzlichen Aufbruch. Er hatte kein gutes Gefühl dabei, allein mit Joshua zu bleiben, da er nicht wusste, wie er mit ihm umgehen sollte.

„Keine Sorge, ich komme so schnell wie möglich zurück", versicherte Peter noch rasch und eilte sogleich davon.

Somit war Edmond nun alleine mit einem kranken Vampir, von dem er nicht viel mehr wusste, als nur seinen Namen und die Tatsache, dass dieser eine männliche Konkubine eines anderen Vampirs war. Eine ziemlich befremdende Vorstellung für einen einfachen Hausmediziner aus der Mittelschicht.

„Ähm.. wie wäre es, wenn ich Ihnen etwas aus einem Buch vorlese?", fragte Edmond ein wenig hilflos, und versuchte anhand von Joshuas Blick eine Antwort zu erahnen.

Joshua hatte im Moment andere Sorgen, als sich etwas aus einem Buch vorlesen zu lassen. Er musste endlich wieder Herr seiner Glieder werden, und zwar noch bevor Altair von seiner Genesung erfahren würde. Er musste Noel und seine Brüder warnen, doch er wusste nicht, wie er dies anstellen sollte, wenn nicht mal sein Bruder seine Warnversuche bemerkt hatte. Wie sollte er sich dann diesem Menschen mitteilen?

Joshua zwinkerte zweimal, als ein Nein, weil er Edmonds Augen auf sich gelenkt haben wollte und nicht auf ein Buch, doch Edmond verstand sein Augenzwinkern nicht und wertete den aufmerksamen Blick von Joshua als ein Ja.

Resigniert seufzte Joshua auf, als Edmond rasch davoneilte, um ein Buch zu holen. Als er schließlich wiederkam, setzte er sich neben Joshua auf den Bettrand und begann zu lesen. Es war irgendein Kriminalroman, der Joshua nicht im Geringsten interessierte. Während Edmond weiter in dem Buch las, konzentrierte er sich erneut auf seine Hand und begann in mühevoller Kleinarbeit jeden einzelnen Finger neu zu erfühlen und zu bewegen.

Sein gesamter Körper war über eine lange Zeit hinweg vollkommen bewegungslos gewesen, weshalb ihn jede kleinste Bewegung sehr viel Anstrengung kostete. Es war, als ob jede einzelne Zelle seines Körpers erst aus einem tiefen Schlaf erwachen musste, bevor er ihnen wieder Befehle erteilen konnte.

Über die vielen langweiligen Zeilen hinweg, die Edmond ihm vorlas, schaffte er es, immer mehr Teile seines Körpers zu bewegen. Anfangs waren es nur die Finger seiner Hand. Dann die andere Hand und gleich darauf auch seine Zehen. Schließlich versuchte er mit aller Kraft zu sprechen, denn er trug ein dunkles Geheimnis in sich, das er unbedingt mitteilen musste. Doch es war hoffnungslos. So sehr er sich auch bemühte, mehr als ein schwaches Flüstern brachte er nicht über die Lippen.

Er schaffte es schließlich seinen ganzen Arm ein wenig zu Edmond zu schieben, worauf dieser endlich mit seiner Leserei aufhörte und ihn ansah.

„Gefällt Ihnen das Buch? Soll ich weiter lesen?", fragte Edmond freundlich nach.

Es kostete Joshua enorme Kraft, doch schließlich schaffte er es seinen Kopf verneinend zu bewegen.

Edmond war erfreut, dass Joshuas Zustand sich so deutlich verbesserte. Er legte das Buch zur Seite und fragte: „Kann ich sonst etwas für Sie tun? Brauchen Sie irgendetwas?"

Joshua bemühte sich weiter, die Kontrolle über seinen Körper zurückzuerlangen und versuchte erneut zu sprechen. Doch mit der Hand erreichte er Edmonds Körper nicht, da dieser zu weit weg saß, und seine Zunge wollte ihm ebenso wenig gehorchen.

„Sie versuchen mir etwas mitzuteilen, nicht wahr?", erkannte Endmond endlich.

Erleichtert atmete Joshua auf und gab ein deutliches Ja mit seinen Augen zur Antwort.

„Einmal Zwinkern bedeutet ja?", fragte Edmond nach, weil er sich nicht sicher war.

Als Antwort zwinkerte Joshua einmal und unterstrich es mit einem kaum wahrnehmbaren Nicken.

„Okay gut, ich habe verstanden. Einmal zwinkern bedeutet Ja. Dann nehme ich an, dass zweimal zwinkern ein Nein ist?"

Wieder bestätigte Joshua mit einem Zwinkern.

Edmond rückte ein kleines Stück näher, um Joshua besser ansehen zu können, dabei berührten sich ihre Hände, was Joshua sofort nutzte, um Edmonds Hand zu ergreifen und zu sich zu ziehen. Edmond erkannte jedoch nicht, was Joshua von ihm wollte und erwiderte den schwachen Händedruck nur, ohne sich weiter zu nähern.

„Was versuchen Sie mir zu sagen?", fragte Edmond hilflos.

Joshua schloss für einen Moment die Augen, um seine Kräfte zu sammeln. Dann versuchte er erneut zu sprechen. Diesmal erkannte Edmond seine Bemühungen und beugte sich rasch über Joshuas Lippen, um dessen Flüstern zu erhaschen.

„Gefahr", war das einzige, was Edmond verstehen konnte, weshalb er fragend wiederholte: „Gefahr? Versuchen Sie mich vor etwas zu warnen?"

Joshua zwinkerte einmal und konzentrierte sich erneut auf das Sprechen.

Edmond kam plötzlich eine Idee, weshalb er Joshuas Bemühungen unterbrach und aufgeregt aufsprang. Joshua blickte dem Arzt hilflos nach und glaubte, ihn mit diesem Wort in die Flucht getrieben zu haben. Doch nur wenige Sekunden später stürmte Edmond wieder ins Zimmer und hielt ein kleines Glasröhrchen in der Hand.

Schwer atmend meinte Edmond: „Ich habe noch etwas von Noels Blut, vielleicht hilft es Ihnen, wenn ich es Ihnen injiziere?"

Joshaus Blick erhellte sich und er bemühte sich mit aller Kraft, ein einziges Wort zu sprechen: „Trinken"

Es war nur bruchstückhaft aus seinem Mund gekommen, doch es reichte für Edmond, es zu verstehen. Rasch öffnete er das Röhrchen und ließ die Flüssigkeit in Joshuas offenen Mund fließen.

Es war eine Ewigkeit her, als Joshua zuletzt selbst fähig war zu schlucken, weshalb er diesen herrlichen Geschmack seines Sirus unendlich genoss. Noel musste ihm zum Füttern jedes Mal einen Schlauch in den Rachen schieben, damit er ihn am Leben erhalten konnte.

Selbst das wenige Blut seines Sirus gab Joshua so viel Kraft, dass er endlich deutlicher sprechen konnte. Zwar noch immer im Flüsterton, jedoch viel verständlicher als zuvor sprach er deshalb: „Wenn Altair kommt, sagen Sie ihm nicht, dass es wirkt. Egal was passiert!"

„Aber warum nicht?", fragte Edmond verwirrt nach.

Joshua kosteten die wenigen Worte unendlich viel Kraft, weshalb er sich nur auf das Notwendigste beschränkte: „Erzählen Sie es Noel. Nicht Altair. Altair vergiftet mich."

„Sie meinen, Altair hat Ihnen das angetan?", wiederholte Edmond entsetzt.

„Ja", hauchte Joshua zusammen mit einem bestätigenden Augenzwinkern.

Plötzlich wurde die Türe zu Edmonds Gästezimmer gewaltsam aufgestoßen und ein großer Mann mit finsterer Miene trat herein. Seine große Gestalt wirkte Furcht einflößend. Er war gänzlich in Schwarz gekleidet, genauso wie sein langes glattes Haar, das ihm bis auf die Brust fiel. Sogar seine Augen funkelten in tiefem Schwarz, weshalb es so wirkte als hätte er zwei Löcher in den Augen. Edmond ahnte wer dieser Mann war und brauchte nur einen kurzen Blick in Joshuas ängstliche Augen zu werfen, um sich sicher zu sein. Dies musste Altair sein.

„Ist das wahr? Haben Sie tatsächlich einen Weg gefunden, meinen geliebten Enkelsohn zu heilen?", fragte der Eindringling in einer überraschend angenehmen Stimme.

„Nein, tut mir leid. Wie es scheint, wirkt es nicht", log Edmond so wie Joshua es ihm gesagt hatte.

Altairs Augen verengten sich und er trat einen Schritt zur Seite, worauf Edmond der Blick auf Peter und einem weiteren Mann frei wurde, welche draußen im Gang standen.

„Centradu, hast du nicht gesagt, es hat gewirkt?", fragte Altair in scharfer scheidender Stimme, die sich so sehr von der vorherigen Stimme unterschied, dass Edmond das Gefühl bekam, es wären zwei verschiedene Personen, die sprachen.

Peter wirkte sichtlich verunsichert, als würde er unter sehr großem Druck stehen, als er sofort erwiderte: „Er konnte sich bewegen, ich habe es deutlich gespürt!"

„Hm... ich werde mich selbst von seinem Zustand überzeugen. Lasst mich mit ihm allein", befahl Altair in der strengeren Variante seiner Stimme.

Nachdem Edmond keinerlei Anstalten machte, sich zu bewegen, warf Altair ihm einen bohrenden Blick zu, der ihn sehr stark verunsicherte. Schließlich schnellte Peter vor und zog Edmond aus dem Zimmer, um ihn vor dem Zorn seines Clanführers zu bewahren.

„Was hat er nun mit ihm vor?", fragte Edmond, ohne seine Stimme zu senken.

„Um Himmels Willen, bitte seien Sie still!", zischte Peter ihm eindringlich zu.

„Das hier ist mein Haus und bin so laut, wie ich will", protestierte Edmond empört darüber, dass man ihm den Mund verbieten wollte.

„Peter", kam eine Stimme von der Treppe, und als Edmond und Peter sich danach umwandten, sahen sie Noel gerade mit vorsichtigen Schritten die Stufen heraufkommen.

Peter verstand die kurze Anweisung seines Sirus und zog den Doktor schließlich die Treppe hinunter in das Untersuchungszimmer und damit außer Hörweite von Altair.

„Bitte sagen Sie mir jetzt endlich, was dort oben vor sich geht!", forderte Edmond eine Antwort.

„Ich hab keinen blassen Schimmer. Altair will sich davon überzeugen, ob es Joshua besser geht. Das ist alles", versuchte Peter den Doktor zu beruhigen.

„Sie dürfen nicht zulassen, dass er mit Joshua alleine ist. Er ist derjenige, der ihn vergiftet!", meinte Edmond eindinglich.

„Vergiftet?", erwiderte Peter nun neugierig geworden. Er hatte schon immer den Verdacht, dass Altair hinter der Sache steckte, doch Noel wollte ihm nie glauben.

Edmond blickte sich prüfend um, bevor er genauer erzählte: „Joshua konnte es mir gerade noch erzählen. Er bat mich, Altair nichts davon zu sagen, dass die Behandlung Wirkung zeigt, doch ich soll es Noel erzählen."

„Ist das wirklich wahr?", fragte Peter drängend nach.

„Ja! Ich schwöre es", erwiderte Edmond.

Peter ging ein paar Schritte auf und ab, während er sich diese neue Information durch den Kopf gehen ließ. Plötzlich ergaben einige Dinge, die bisher unklar waren, einen grausamen Sinn. Er musste Noel davon informieren und zwar so schnell wie möglich. Er wünschte nur, er wäre nicht so schnell aufgebrochen, um Altair von Joshuas Heilung zu berichten, dann wäre dies alles ein wenig anders abgelaufen.

Rasch eilte er wieder nach oben zu den anderen, um zu sehen, was gerade passierte. Edmond folgte ihm zögernd, blieb aber an der Treppe stehen und beobachtete aus sicherer Entfernung was geschah.

Altair schien soeben mit seiner Prüfung fertig geworden zu sein, denn er kam ihnen gerade aus dem Zimmer entgegen. „Sohn!", sprach er fordernd, worauf Noel sofort einen Schritt näher trat und mit gesenktem Haupt antwortete: „Ja mein Sirus."

„Ich hoffe, du bist dir dessen bewusst, in welche Gefahr du uns alle mit dieser sinnlosen Aktion gebracht hast?", herrschte er ihn an, wobei seine Stimme wieder schneidend war.

„Verzeih mir mein Sirus", erwiderte Noel demütig, wobei ein deutlicher Schmerz in seiner Stimme lag, als ihn die schmerzliche Erkenntnis traf, dass Altairs Prüfung negativ ausgefallen war.

„Ich verzeihe dir, wenn du deinen armen Loraib endlich von seinem Leiden erlöst. Erkenne endlich, dass es keine Heilung für ihn gibt. Ich gebe dir eine letzte Nacht. Bis Sonnenaufgang erwarte ich, dass du dich endlich deines Ranges würdig zeigst und Joshua einen schmerzlosen Tod schenkst. Komm nicht eher zu mir zurück, bevor du nicht auf meinen väterlichen Rat gehört hast", ordnete Altair ungerührt an, ohne Noel eines Blickes zu würdigen.

Mit einem flüchtigen und sehr strengen Blick auf Noel, wandte Altair sich um und verließ das Zimmer. Als er Edmond dort an der Treppe stehen sah, griff er mit einer raschen Handbewegung nach Edmonds Hals. Dies ging so schnell, dass der Doktor kaum wahrnahm wie ihm geschah, als er gleichzeitig den bittenden Ruf von Noel hörte: „Halte ein! Ich bitte dich!"

Altairs Hand legte sich mit einer deutlichen Kraft um Edmonds Kehle. Er ahnte, dass es dem Vampir gewiss keine Mühe kosten würde, ihm mit nur einer Hand das Genick zu brechen, weshalb er mit Schrecken seinem Tod entgegenblickte.

Noel nutzte Altairs Zögern und trat zu ihm heran, während er seine Bitte wiederholte: „Ich bitte dich, mein Sirus. Verschon sein Leben. Er hat mir geschworen, niemanden etwas von unserer Existenz zu erzählen."

Edmond wunderte sich zwar, warum Noel für ihn sprach, doch im Moment spielte es keine wesentliche Rolle für ihn. Entscheidend war nur, was Altair gleich tun würde.

„Du vertraust ihm?", fragte Altair, wobei die Art wie er sprach, seine Verachtung gegenüber Edmond nicht verbarg.

„Ja, mein Sirus", erwiderte Noel überzeugt.

Diesmal sah Altair seinen Centra genau in die Augen, als er streng sagte: „Dann lege ich sein Leben in deine Hand. Du weißt, was du zu tun hast."

Noels Blick wirkte kurz erschrocken, doch dann senkte er demütig seinen Blick und erwiderte: „Ja, mein Sirus."

Damit ließ Altair Edmond los, worüber dieser sehr erleichtert war, auch wenn er nicht verstand, was Altairs letzte Erwähnung zu bedeuten hatte. In raschen Schritten ging Altair davon, gefolgt von seinem Begleiter.

Erst als Altair das Haus verlassen hatte, bewegte Noel sich, um zurück in das Gästezimmer zu gehen und nach Joshua zu sehen. Edmond hatte noch immer ein mulmiges Gefühl und folgte Noel vorsichtig.

Joshua lag vollkommen bewegungslos in dem Bett; den starren Blick in die Leere gerichtet. Nicht einmal in seinen Augen konnte Noel noch eine Reaktion erkennen. Sein Zustand schien noch schlimmer geworden zu sein als zuvor. Liebevoll nahm Noel ihn deshalb in den Arm und wiegte ihn wie ein Kind. Tränen liefen ungehindert über seine Wangen, während er stumm über Joshuas Gesicht strich, in der Hoffnung, dort doch noch einen Lebensfunken zu erkennen.

„Vater, Altair hat ihm das angetan", meldete Peter sich zu Wort.

„Fang jetzt nicht schon wieder damit an. Ich bin jetzt nicht in der Stimmung, mir deine lächerlichen Verdächtigungen anzuhören", erwiderte Noel müde.

„Das sind keine lächerlichen Verdächtigungen. Der Doc hat es mir erzählt. Joshua ging es wirklich besser. Er konnte sogar sprechen! Er hat dem Doc erzählt, dass Altair ihn vergiftet."

„Wie kannst du es wagen, mir so ein Lügenmärchen aufzutischen?", rief Noel nun wütend aus.

Edmond lenkte ein: „Das ist keine Lüge. Es ist wirklich wahr. Joshua hat es mir mit seinen eigenen Worten gesagt!"

„Peter, hast du ihn dazu angehalten, mir diese Lüge zu erzählen? Was soll das? Was willst du damit erreichen? Willst du, dass ich mich gegen meinen eigenen Sirus auflehne?"

„Warum sollte ich mir das ausdenken? Siehst du denn nicht was für ein Arschloch unser feiner Clanführer ist?", schrie Peter verärgert.

Noel legte Joshua vorsichtig zurück auf das Bett, bevor er wütend aufstand und zu Peter sagte: „Wie kannst du es wagen unseren Führer in meiner Gegenwart so zu beleidigen? Hast du vergessen wer ich bin?"

„Wie könnte ich das jemals vergessen? Du stolzierst doch genauso wichtig herum wie er!"

Während Noel und Peter sich weiter stritten, bemerkte Edmond ein kleines zerdrücktes Plastikfläschchen auf dem Nachttisch, das ihm unbekannt war. Neugierig hob er es auf und sah es sich genauer an. Darin befand sich noch ein kleiner Rest einer hellen Flüssigkeit und Edmond fragte sich, was das wohl sei.

Rasch eilte er hinunter in sein Untersuchungszimmer, wo er eine Probe der Flüssigkeit auf eines der Glasplättchen strich und diese anschließend unters Mikroskop schob. Er konnte die beiden Vampire noch immer lauthals streiten hören, während er sich die Flüssigkeit genauer ansah.

Als sich seine Vermutung bestätigte, eilte er zurück nach oben, wo er gerade noch sah, wie Noel seinem Centradu eine kräftige Ohrfeige gab. Bevor sich der Streit noch weiter ausdehnen würde, lenkte Edmond mutig ein: „Noel, hören Sie mir zu! Ich kann es Ihnen beweisen, dass Altair Joshua vergiftet hat."

Noel war bereits am Ende seiner nervlichen Kraft, weshalb er schlicht fragte: „Wie?"

Edmond zeigte ihm das zerdrückte Fläschchen und sagte: „Was auch immer Altair ihm gegeben hat, ist schuld an seiner Krankheit. Kommen Sie mit mir und sehen Sie selbst. Unter dem Mikroskop kann man es deutlich erkennen. Diese Flüssigkeit hier besteht aus Millionen dieser Fremdkörper, die ich in Joshuas Blut entdeckt hatte. Und diese Flasche war noch nicht hier bevor Altair das Zimmer betreten hatte, also muss er sie hier liegen gelassen haben."

Zögernd näherte sich Noel und nahm Edmond das Fläschchen aus der Hand. Als er prüfend daran roch, verzog er sein Gesicht und entfernte es rasch von seinem Gesicht. Der Geruch war ihm fremd, doch er wusste instinktiv, dass es etwas schädliches sein musste.

„Vielleicht wusste er nichts davon?", versuchte Noel eine Entschuldigung für Altairs Verhalten zu finden.

Peter lachte trocken auf und sagte: „Noel, öffne deinen Augen. Altair ist nicht der glorreiche Sirus, für den du ihn hältst. Du weißt es genau. Du willst es nur nicht einsehen."

„Wie könnte ich? Er hat mich zu dem gemacht, was ich bin", erwiderte Noel verzweifelt.

„Er hat dich verraten. Er hat seinen eigenen Sohn verraten. Wie oft hat er dir gesagt, wie enttäuscht er über die Wahl deines Loraibs war? Wie oft hat er einen herablassenden Kommentar über Joshua verlauten lassen, weil er ihm nicht gut genug war? Vielleicht haben deine Ohren das überhört? Meine haben es nicht. Wieso hat er ausgerechnet dann ganz plötzlich Interesse für Joshua gezeigt, als er krank wurde? Weshalb hat er dann angefangen sein Recht über ihn regelmäßig einzufordern? Und das obwohl du ihn mehrmals darum gebeten hast, dass er Joshua schonen sollte und du auf dein eigenes Recht verzichtet hattest. Kam es dir nicht komisch vor, dass Joshua ganz plötzlich sein liebster Enkelsohn wurde?"

Noel waren all diese Tatsachen sehr wohl bewusst, doch bisher hatte er es immer geschafft sie erfolgreich zu verdrängen. Nachdem er nun aber einen eindeutigen Beweis gegen Altair in seinen eigenen Händen hielt, konnte er diese Wahrheiten nicht länger verdrängen. Es brach wie eine unüberwindbare Welle über ihn herein und öffnete ihm wahrhaftig die Augen. Sein eigener Sirus hatte Joshua vergiftet.

Kraftlos wich er zurück und setzte sich resigniert auf das Bett. Es gab nur zwei mögliche Wege aus dieser Situation. Entweder er befolgte den Willen seines Sirus und tötete Joshua und Edmond, wobei es dann gewiss nur eine Frage der Zeit wäre, bis Altair sich auch einen Weg einfallen lassen würde, um Peter loszuwerden, da dessen Antipathie Peter gegenüber allgemein bekannt war. Oder er entschied sich, für seine eigenen Nachkommen einzustehen und Altair die Stirn zu bieten. Für Noel war dies eine sehr schwierige Entscheidung, da er sein ganzes Leben lang daran geglaubt hatte, dass sein Sirus immer die richtigen Entscheidungen treffen und niemals etwas unrechtes tun würde. Er hatte immer geglaubt, Vampire wären besser als Menschen.

Peter sah seinem Sirus deutlich an, wie erschüttert er über diese Nachricht war. Er konnte Noels Schmerz deutlich nachfühlen und wusste, wie schwer es für ihn sein musste. Keinem Vampir fiel es leicht, sich gegen seinen eigenen Erschaffer aufzulehnen. Dafür hatte die Natur gesorgt. Doch es gibt Zeiten, in denen bleibt einem Vampir keine andere Wahl.

Vorsichtig ging er vor Noel auf die Knie, um zu ihm aufblicken zu können, und sagte sanft: „Vater, um Joshuas Willen bitte ich dich. Beweise mir, dass du der Sirus bist, für den ich dich halte. Wehre dich gegen das Trugbild, das er dir vorgaukelt. Öffne deine Augen und erkenne sein wahres Gesicht. Und entscheide dann, ob du weiterhin Centra von Altair bleiben willst."

Noels Blick verdunkelte sich, worauf Peter nicht wusste, ob das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen war, bis dieser mit einer tiefen bedrohlichen Stimme sprach, die Peter noch nie von seinem Sirus gehört hatte: „Geh zu ihm und überbringe ihm die Nachricht, dass ich seinen Befehl befolgt habe. Sag ihm, dass Joshua tot ist."

Peter wollte nicht glauben, was er da hörte. Verletzt wich er zurück. Er wollte nicht glauben, dass sein Sirus so schwach war.

Noel sprach weiter: „Sag ihm, dass ich auch Edmond getötet habe, so wie er es wollte."

Als Edmond dies hörte, erschrak er fürchterlich und wollte bereits fliehen, doch ehe er auch nur einen Schritt aus dem Zimmer schaffen konnte, war Noel aufgesprungen und versperrte ihm den Weg durch die Tür.

„Noel, warum?", fragte Peter enttäuscht.

„Weil ich unmöglich zu ihm zurückgehen kann, bevor Joshua gesund ist", erklärte Noel, worauf Peter nun gar nichts mehr verstand und nur ein verwirrtes „Huh?" erwiderte.

„Du wirst Altair berichten, dass ich all seine Befehle befolgt habe und mich anschließend selbst aus Kummer umgebracht habe. Wenn du überzeugend genug bist, wird er dir glauben, da er mich schon immer für viel zu verweichlicht hielt. Ich werde mit Joshua ein sicheres Versteck suchen und mit Edmonds Hilfe werde ich ihn gesund pflegen", erklärte Noel nun genauer, worauf sowohl Edmund als auch Peter ein deutlicher Stein vom Herzen fiel.

„Warum kann ich dich nicht begleiten? Ganz allein mit einem kranken Loraib und einem Menschen bist du jedem Angreifer schutzlos ausgeliefert. Lass mich dich begleiten und dir helfen", bat Peter eindringlich.

„Das geht nicht. Wenn wir einfach so spurlos verschwinden, wird Altair keine Ruhe geben, bis er uns gefunden hat. Doch wenn du ihm glaubhaft versicherst, dass ich tot bin, habe ich genug Zeit, um Joshua in Sicherheit zu bringen", redete Noel auf seinen Centradu ein.

Peter sah ein, dass Noel damit Recht hatte und willigte mit einem stummen Nicken ein.

Zu Edmond gerichtet meinte Noel: „Es tut mir Leid, dass ich Sie in diese Sache verwickelt habe, aber wenn Ihnen Ihr Leben lieb ist, dann tun Sie nun bitte, was ich Ihnen sage. Packen Sie nur Dinge ein, die wirklich wichtig für Sie sind. Lassen Sie alles andere zurück. Verzichten Sie auf alles, was Sie im Normalfall auf eine Reise mitnehmen würden. Es darf nichts darauf hindeuten, dass Sie noch am Leben sind. Bitte vertrauen Sie mir."

Fragend lenkte Peter ein: „Wie willst du allen Glauben machen, dass ihr tot seid, wenn keine Leichen zurückbleiben? Ich kann zwar gut genug lügen, damit Altair es mir abkauft, doch wenn er hierher kommt, um es zu überprüfen…"

„… wird er nur ein verbranntes Haus vorfinden", beendete Noel den Satz.

„Sie wollen meine Praxis verbrennen?", erkannte Edmond bestürzt.

„Ist es Ihnen lieber zu sterben?", fragte Noel mit erhobener Augenbraue nach.

Edmond überlegte nicht lange, sondern antwortete sofort: „Nein."

„Gut, dann wäre die Entscheidung gefallen", erwiderte Noel.

Edmond befolgte daraufhin Noels Anweisungen und eilte durch sein ganzes Haus, um alles einzupacken, von dem er annahm, dass er es brauchen würde, ohne jedoch den Anschein zu erwecken, dass er auf Reisen war. Dabei erkannte er erschrocken, dass es nichts gab, was er wirklich mitnehmen wollte. Außer seinem Beruf hatte ihm in seinem Leben nie etwas wirklich viel bedeutet und ganz plötzlich wurde er sich der inneren Leere bewusst, die seit Jahren in ihm wohnte und er stets verdrängt hatte.

Die Erlebnisse dieser Nacht waren das aufregendste und zugleich bedeutendste, das ihm jemals passiert war. Kein Gegenstand aus seinem gesamten persönlichen Besitz war so vergleichbar wichtig für ihn, wie die tiefe Verbindung, die diese Vampire zueinander zu haben schienen. Er wollte unbedingt mehr über sie erfahren und sah in dieser Reise eine große Chance, wie sie vermutlich kein anderer Mensch jemals erleben würde.

Schließlich packte er nicht mehr als nur etwas Unterwäsche und ein paar Kleinigkeiten ein, von denen er dachte, er würde sie in jedem Falle brauchen und alles an Papiergeld, das er im Haus hatte. Außerdem nahm er noch ein paar wenige Medikamente, etwas Verbandsmaterial und Gerätschaften für weitere Behandlungen von Joshua mit. Schließlich konnte man nie wissen und es würde gewiss nicht auffallen, wenn etwas davon fehlte.

Als er zurück in das Gästezimmer kam, standen sich Noel und Peter gegenüber und hielten einander in einer Umarmung fest.

„Hab keine Angst, ich verspreche, ich komme zurück, sobald ich eine Lösung gefunden habe", versprach Noel seinem Centradu.

„Mach dir keine Sorgen um uns. Djoser und ich werden auf dich warten", erwidert Peter zuversichtlich.

Noel löste sich ein Stück, nur um Peters Gesicht in beide Hände zu nehmen und ihm Stirn an Stirn in die Augen zu blicken. „Verzeih mir, dass ich dir unrecht getan und dich geohrfeigt habe."

„Es gibt nichts zu verzeihen, mein Sirus", erwiderte Peter ergeben und fügte fragend hinzu: „Wohin wirst du gehen?"

„Darüber bin ich mir noch nicht sicher und es ist besser, wenn du es nicht weißt", antwortete er, während er sich von seinem Centradu entfernte. Anschließend blickte er fragend zu Edmond und erkundigte sich: „Sind Sie fertig?"

„Ich denke ja", erwiderte Edmond unsicher. Er hatte kein gutes Gefühl dabei, seine Praxis auf diese Weise im Stich zu lassen.

Mit dieser Antwort zufrieden, wandte sich Noel zurück zu Peter und bat ihn: „Nimm du Joshua mit nach draußen."

„Okay", stimmte Peter zu und hob den scheinbar leblosen Körper seines Bruders vorsichtig hoch, um ihn hinauszutragen.

Noel folgte ihnen und ging dann weiter in Edmonds Privaträume. Dort suchte er nach einer Möglichkeit, den Brand so zu legen, als wäre es ein Unfall.

„Haben Sie als Arzt vielleicht einen echten Schädel als Anschauungsmaterial in Ihrer Praxis?", fragte Noel nach.

Edmond wunderte sich über diese Frage und antwortete: „Heutzutage ist es nicht mehr so einfach an echte Schädel heranzukommen, doch mir gelang es während meines Studiums ein recht schönes Exemplar zu ergattern. Weshalb fragen Sie?"

„Geben Sie ihn mir", meinte Noel knapp, während er einen alten Kerzenständer entdeckte und ihn nahe an einen der Vorhänge stellte.

Währenddessen suchte Edmond nach seiner alten Trophäe, die er während seiner Studienzeit durch eine Wette gewonnen hatte. Mit dem Schädel in der Hand beobachtete er mit Wehmut, wie Noel die Kerzen mit ein paar Streichhölzern entzündete und wie gleich darauf auch der Vorhang Feuer fing.

Noel wich respektvoll vor dem Feuer zurück, griff sich den Schädel aus Edmonds Hand und legte ihn rasch auf das Bett, bevor er Edmond mit sich aus dem Schlafzimmer zog. Edmond konnte gerade noch seine vorbereitete Tasche im Flur ergreifen, bevor Noel ihn regelrecht aus dem Haus zerrte.

Als sie draußen auf der Straße ankamen, wollte Edmond wehmütig zurückblicken, doch Noel schob ihn rasch weiter und folgte Peter, der, als er Noel und Edmond sah, gleich in eiligen Schritten davoneilte, ohne auf sie zu warten.

Erst als sie einige Häuserecken weiter in einer dunklen Straßenecke ankamen, blieben sie kurz stehen und blickten zurück. Noch wirkte alles ruhig und von dem Brand war äußerlich noch nichts zu sehen, doch sehr bald würde hier Chaos ausbrechen.

„Wozu brauchten Sie den Schädel? Er wird in den Flammen genauso verbrennen, wie alles andere auch", erkundigte Edmond sich neugierig.

„Edmond, nun enttäuschen Sie mich aber. Wissen Sie nicht, dass Zähne nicht verbrennen? Da Sie der einzige Bewohner des Hauses waren, gehe ich nicht davon aus, dass man die Zähne genauer untersuchen wird, doch man wird an Ihren Tod glauben und genau das war mein Ziel", erklärte Noel genauer.

„Aber müssten dann nicht auch Ihre und Joshuas Zähne aufzufinden sein, damit Altair an Ihren Tod glaubt?", hakte Edmond weiter nach.

„Vampire hinterlassen keine Spuren, wenn sie verbrennen. Es wäre fatal für uns, wenn man unsere Zähne finden würde", erwiderte Noel und unterstrich seine Aussage, indem er Edmond einen kurzen Blick auf seine spitzen Eckzähne ermöglichte.

Erste Rauchschwaden entwichen aus einem der offenen Fenster, doch noch nicht auffallend stark genug, um umliegende Anwohner darauf aufmerksam werden zu lassen. Für Noel war es jedoch ein sicheres Zeichen, dass sein Plan funktionierte, weshalb er schließlich zu Peter trat und ihm Joshua vorsichtig abnahm. Peter half ihm dabei, und legte Joshuas Kopf in eine bequeme Lage.

„Leb wohl, mein Sohn. Sage Djoser, dass meine Gedanken bei ihm sind", verabschiedete sich Noel mit trauriger Miene.

„Ja, mein Sirus", erwiderte Peter noch mit einem Kopfnicken, bevor er sich umwandte und die Querstraße entlanglief.

Noel blickte ihm einen kurzen Augenblick nach, bevor er sich in die entgegengesetzte Richtung bewegte, ohne darauf zu achten, ob Edmond ihm wirklich folgen würde. Edmond beobachtete unentschlossen, wie sich die beiden Vampire immer weiter voneinander entfernten, bis er schließlich rasch hinter Noel hereilte.

Als er ein wenig atemlos auf Noels Höhe aufschloss, meinte dieser: „Es tut mir sehr Leid, dass ich Ihr Leben auf so drastische Weise verändert habe. Ich stehe tief in Ihrer Schuld. Was auch immer passieren wird, seien Sie sich gewiss, dass Sie auf meinen Schutz zählen können."

„Werde ich diesen Schutz brauchen?", fragte Edmond, während er die Straße entlang blickte, in der außer ihnen keine Seele zu sehen war.

„Dort, wo wir hingehen, ja", erwiderte Noel knapp.


 

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